Natürliche Dämmung im Camper-Ausbau
Eine der ersten Amtshandlungen beim eigenen Camper-Ausbau ist mit Sicherheit die Organisation der Dämmung. Die Frage: Wie bzw. womit war für uns zu Beginn eine recht klare Sache: Armaflex. Das benutzen schließlich alle. Mehr Gedanken hatten wir uns zu diesem Thema erstmal nicht gemacht. – Bis wir über einige Videos auf YouTube gestoßen sind. Und da schummelte sich der Wunsch eine natürliche Dämmung im Camper zu verbauen in unsere Köpfe.
Womit dämme ich meinen Camper?
Wenn wir uns mit dem Thema Dämmung auseinandersetzen, ist es wichtig, dass wir uns erstmal vergegenwärtigen, dass ein Camper kein Haus ist. Das ist vielleicht ein offensichtlicher Punkt, es bedeutet aber auch, dass wir Standards aus dem Hausbau nicht einfach auf unseren Camper übertragen können. Eine 30 cm dicke Dämmung werden wir im Van einfach niemals erreichen. Also können wir dem Thema auch einfach entspannter entgegentreten, egal ob wir uns für eine synthetische oder natürliche Dämmung entscheiden.
Wer nach einem Standard sucht, einer Anleitung für DIE perfekte Dämmung, der wird leider enttäuscht werden. So etwas gibt es nicht. Die richtige Dämmung ist neben den persönlichen Vorlieben (ökologisch, synthetisch, Anbringung/Verarbeitung) auch abhängig von der eigenen Nutzung des Vans (Sommercamper, Gelegenheitscamper, Wintercamper, Vanlifer). Was für die eine richtig ist, muss es für den anderen nicht sein.
Wichtig ist, ihr müsst euch mit eurer Entscheidung wohlfühlen. Lasst euch nicht davon beeindrucken, was andere sagen. Informiert euch, überlegt, was ihr mir eurem Van vorhabt und entscheidet dann für euch. Wenn der Bauch und der Kopf „ja“ sagen, dann ist es die richtige Dämmung für euch.
Gute Gründe für eine natürliche Dämmung
Für uns fühlt sich eine nachhaltige Dämmung aus natürlichen Materialien gut an, weswegen wir unseren künftigen Camper gern natürlich Dämmen wollen. Und dafür gibt es auch gute Gründe:
- Ein gutes Raumklima
- Weniger Gefahr, dass Materialien ausdünsten
- Natürliches Dämmmaterial kann Feuchtigkeit aufnehmen, aber eben auch wieder abgeben. Wird sie mal feucht, kann sie komplett wieder abtrocknen, ohne ihre Dämmeigenschaften zu verlieren. An geschlossenporigem Material, wie Armaflex, perlt das Wasser im Zweifel ab und läuft einfach irgendwo runter bzw. hin.
- Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialien, bei Resten vom Ausbau oder wenn das Auto irgendwann mal nicht mehr ist
- Wir wollen es einfach so und stehen auf nachhaltige und natürliche Stoffe – natürliche Dämmung im Camper rules! 🙂
Es gibt (noch?) keine Langzeitstudien zur natürlichen Dämmung im Camper – übrigens aber auch keine zur Dämmung mit Armaflex. Keine*r kann dir sagen, wie sich deine Dämmung über die Jahre bei deiner dir eigenen Art der Nutzung, in Verbindung mit deinem Ausbau verhalten wird. Es gibt keinen Guru, keinen Spezialisten für natürliche Dämmung, der eine Antwort auf alle Fragen hat. Jede*r die*der sich für eine natürliche Dämmung entscheidet ist momentan noch ein Pioneer auf diesem Gebiet.
Anders als das Netz vielleicht streckenweise suggeriert, ist auch Armaflex kein Standard und übrigens auch nicht vorm Hersteller Armacell für die Anwendung als Camper-Dämmung empfohlen. Es gibt auch keine Garantie, dass bei einer Dämmung mit Armaflex, Feuchtigkeit für euch kein Problem sein wird. Ich garantiere euch, wo Menschen wohnen entsteht Feuchtigkeit – auch in einem mit Armaflex gedämmten Camper – und die wird sich im Zweifel irgendwo niederschlagen, sofern sie nicht von verbauten Materialien aufgenommen oder durch lüften aus dem Van heraustransportiert wird.
Wie dick muss ich dämmen?
Eine oft gestellte Fragen ist: Wie dick muss die natürliche Dämmung mindestens sein? Auch dazu gibt es keine klare Antwort. Je nach dem, was ihr mit eurem Camper Van vorhabt, darf die Dämmung auch geringer ausfallen. Wer nicht bei kühlen Temperaturen unterwegs ist oder gar Winter-Camping betreibt, braucht auch keinen winterfesten Busausbau.
Was genug oder ausreichend ist, wird oft versucht zu beurteilen, in dem wir es mit einem Standard vergleichen. Aber wie oben bereits erwähnt, gibt es keinen Standard für die Dämmung im Bus-Ausbau.
Gehen wir also vom Hausbau aus, sind 6 cm eindeutig zu wenig – egal welcher Dämmstoff. Nehmen wir Armaflex als Standard für die Dämmung im Van an und vergleichen die Dämmeigenschaften natürlicher Dämmstoffen damit? Dann wird es wohl auf eine verhältnismäßig dicke natürliche Dämmschicht hinauslaufen. Da klingen 6 cm natürlicher Dämmstoff recht gut.
Es bieten sich sowieso an, den kompletten „Hohlraum“ zwischen der Außenhaut der Karosserie und unserem Wandaufbau zu nutzen. 4 bis 6 cm sind für eine natürliche Dämmung im Camper keine Seltenheit. Die Holme tragen auf und es wäre sonst ungenutzter Raum.
Welche Dämmstoffe gibt es?
Wer anfängt sich zu überlegen, welches Material das richtige für den eigenen Camper ist, steht unweigerlich vor der Frage: Was gibt es den überhaupt für Optionen? Und das zu recherchieren ist gar nicht unbedingt so trivial. Ich kann gar nicht sagen, in wie vielen Foren ich gelesen habe, DAS Armaflex das Nonplusultra ist, einfach optimal. Eine Meinung, die man natürlich so hinnehmen und bei der man mitgehen kann. Aber: Optimal für ihn oder sie, vielleicht aber nicht für dich oder mich. Wichtiger Gedankengang!
Schütteln wir uns also einmal kurz frei von diesen übergriffigen Gedanken und schauen uns Tatsachen an.
Zunächst kann man grundsätzlich zwischen natürlichen und synthetischen Dämmstoffen Unterscheiden. Hierbei ist der Name bereits relativ selbsterklärend. Synthetisch, das bedeutet künstlich. Es handelt sich hier um aufgeschäumte Kunststoffe, deren Ausgangsmaterial Erdöl ist. Das bedeutet, diese Produkt sind wenig nachhaltig.
Natürliche Dämmstoffe werden aus organischen oder anorganischen natürlichen Stoffen hergestellt. Daher unterscheidet man rein formal noch einmal in sogenannte organische und mineralische Dämmstoffe. Organische Dämmstoffe sind pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, also aus Pflanzenfasern (Hanf, Kokos) oder Fell (Schafsfell). Mineralische Dämmstoffe hingegen bestehen wie beschrieben aus anorganischen natürlichen Materialen, wie Glas, Stein oder Erden.
Kleine Auswahl natürlicher Dämmstoffe
Kokos
Kokosfasern sind leicht, formbeständig, strapazierfähig und elastisch. Sie sind innen hohl, was ihre Wärme- und Schalldämmungseigenschaften bedingt. Kokosfasern sind diffusionsoffen, das bedeutet, dass sie wasserdampfdurchlässig sind. Außerdem können die Fasern Feuchtigkeit aufnehmen und diese später wieder an die Raumluft abgeben.
Durch ihre pflanzeneigenen Gerbstoffe und durch ihre Fähigkeit Feuchtigkeit aufzunehmen sind sie relativ widerstandsfähig gegenüber Feuchtigkeit und gut geschützt vor Fäulnis und Schimmel und (einigen Aussagen folgend) auch gegen den Befall durch Insekten. Kokos gibt es als Stopfwolle sowie in Matten- oder Rollenform.
- Wärmeleitfähigkeit: 0,040 – 0,050 W/mK
- Wasserdampfdiffusionswiderstand: 1
- Hitzeschutz: mittel
Kork
Kork wird aus der Rinde der Korkeiche gewonnen. Korkeichen kommen im Mittelmeerraum vor und sind daher relativ unempfindlich gegen dürren und stellen wenig Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit. Hauptanbaugebiete für die Korkgewinnung sind Portugal und Spanien. Geerntet wird nach etwa 15 Jahren, wobei nur die abgestorbene Rinde abgenommen wird, der Baum wird nicht gefällt und kann weiter wachsen und Kork bilden.
Kork gibt es als Platten- oder Rollenware und in diversen Stärken. Bei den unter dem Begriff Dämmkork verkauften Korkplatten handelt es sich i. d. R. um expandierten Naturkork. Für diese Platten wird Korkgranulat bei sehr hohen Temperaturen (350 Grad) „gebacken“. Dabei tritt der korkeigne Harzanteil aus, welcher das Korkgranuat ohne weitere Zusatzstoffe zu stabilen Blöcken verbindet. Diese Korkplatten haben einen starken Eigengeruch. Sie riechen verbrannt.
- Wärmeleitfähigkeit: 0,037 – 0,040 W/mK
- Wasserdampfdifussionswiderstand: 5 bis 10
- Hitzeschutz: mittel bis gut
Jute
Jute-Dämmmatten-, platten oder -vliese sind besonders interessant, da sie aus den Jutefasern von Kaffee- oder Kakaosäcken hergestellt werden. Dieses Upcycling führt zu einer relativ guten Ökobilanz und das obwohl der Rohstoff Jute von einer Pflanze stammt, die in den tropischen bis subtropischen Regionen beheimatet ist (Planzengattung Corchorus).
Neben den Kombi-Dämmmatten aus Hanf- und Jute, gibt es mittlerweile auch „reine“ Jutematten. Das Dämmmaterial ist neben Matten auch als Stopfwolle erhältlich. Außerdem gibt es Holzfaserplatten, die einen geringen Anteil an Jute enthalten. Hier fungiert die Jute allerdings als Stützfaser.
Zur Herstellung der Dämmmatten werden die Jutefasern zunächst geeinigt. Dies geschieht oft mit Soda. Gleichzeitig dient dieses auch als Brandschutzmittel. Anschließend erfolgt die Verarbeitung zu den eigentlich Matten, Platten oder Vliesen. Bei diesem Vorgang werden PET- oder PLA-Biokunststofffasern als Stützfasern beigemischt.
Jute hat einen (strengen) Eigengeruch, dieser verfliegt jedoch mit der Zeit.
- Wärmeleitfähgkeit: 0,038 – 0,040 W/mK
- Wasserdampfdifussionswiderstand: 1 bis 2
- Hitzeschutz: gut
Fortsetzung folgt …
Quellen:
Gittel Naturdämmstoffe: Kokosfaserdämmstoffe. Unter: http://gittel-naturdämmstoffe.de/ (Stand 1. August 2021)
Ökologisch Bauen: Koksfaser-Dämmung. Unter: https://www.oekologisch-bauen.info/baustoffe/naturdaemmstoffe/kokosfaser.html (Stand 1. August 2021)
Ökologisch Bauen: Wärmedämmung aus Jute. Unter: https://www.oekologisch-bauen.info/baustoffe/naturdaemmstoffe/jutedaemmung/ (Stand 1. Juni 2022)
Baunetz wissen: Jute. Unter: https://www.baunetzwissen.de/daemmstoffe/fachwissen/daemmstoffe/jute-4828662 (Stand 1. Juni 2022)
Baunetz wissen: Kork. Unter: https://www.baunetzwissen.de/daemmstoffe/fachwissen/daemmstoffe/kork-940661 (Stand 1. Juni 2022)
Inhalt
Das sind wir
Hallo, wir sind Fee und Volkmar. Seit einiger Zeit beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema „Kastenwagen Wohnmobile“. Wir möchten nämlich einen haben… 🙂
Mehr über uns erfahrt ihr unter Das sind wir zwei.
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