Wir laufen immer noch! – Dritter Tag unserer Reise in die geteilte Geschichte Berlins
UnterwegsMoin! 🙂 Mittwoch, Tag 3 unseres Laufs entlang der innerstädtischen Berliner Grenze. Uns taten bereits zu Beginn die Beine weh. Aber: es musste weitergehen. Wunschziel: den Rest in einem Rutsch. Realistisches Ziel: 15 Kilometer. Was soll ich sagen – die Wahrheit ist irgendwo da draußen 🙂
Flucht(versuche)
Bevor ich euch kurz schildere, an welchen Highlights uns dieser dritte Abschnitt vorbei geführt hat, komme ich kurz noch einmal auf die von uns genutzte App Die Berliner Mauer zu sprechen. Sie enthält reichhaltige Informationen zu unternommenen Fluchtversuchen. Versuche deshalb, weil sie eben in allen Fälle mindestens ein Todesopfer gefordert haben. Auf Dauer ist das äußerst deprimierend. Vor allem gibt es Etappen, auf denen verhältnismäßig viele Personen versucht haben, dem Unrechtsregime zu entkommen. Die traurigen Schicksale dieser Menschen, für die die Flucht – und das damit verbundene hohe Risiko – die einzige Alternative zu ihrem aktuellen Leben darstellten, stimmten mich oft traurig oder nachdenklich. Aber sie machten mich auch wütend, wütend darüber, an dieser Ungerechtigkeit nichts mehr ändern zu können und darüber, dass es heute fast so scheint, als wünschten sich einige Personen in Deutschland ein ähnliches Regime zurück.
Wir alle sollten uns viel öfter klar machen, wie gut es uns heute geht und in welch guten Verhältnissen wir leben dürfen. Wir leben in einem demokratischen Land, einem Sozialstaat der sich um uns kümmert, in dem wir frei darüber entscheiden dürfen, was wir tun, mit wem und wann. Das ist ein unglaublich hohes Gut (auch wenn man manchmal vielleicht anderer Meinung ist, sich gegängelt oder eben ungerecht behandelt fühlt). Wir täten gut daran, uns Mahnmale – wie auch die Berliner Mauer eines ist – zu bewahren und im städtischen Leben sichtbar zu konservieren. Wir Menschen neigen zum Vergessen – Geschichte wiederholt sich, wenn wir uns nicht erinnern.
Checkpoint Charlie
So, genug des Abdriftens. Kommen wir zu Tag 3 und unserem Weg. Begonnen haben wir den Tag dort, wo wir ihn am Dienstagabend beendet hatten, am Moritzplatz. Genauer: Heinrich-Hein-Straße/Prinzenstraße Ecke Sebastianstraße. Auch hier gab es damals einen Grenzübergang. Von dort ging es für uns im Zickzackkurs zum Checkpoint Charlie. Einer der bekanntesten und geschichtsträchtigsten Orte der Mauer (Oktober 1961: 16 Stunden lang standen sich je 30 Panzer der USA und der Sowjetunion gegenüber. Die Angst: der 3. Weltkrieg steht kurz bevor.).
Der Nachbau der ursprünglichen Kontrollbaracke der Amerikaner, überlebensgroße Portraitfotos eines amerikanischen und eines russischen Soldaten ziehen die Touristenmassen nur so an. Bei unserem Besuch war es hingegen ziemlich leer am ehemaligen Grenzübergang. Das ist vermutlich zum einen der Tageszeit, zu einem größeren Teil aber wohl der derzeitigen Corona-Situation geschuldet.
Vom Checkpoint Charlie ging es am ehemaligen Haus der Ministerien vorbei, heute Bundesministerium für Finanzen. Auf der anderen Seite erstreckt sich übrigens eine Gedenkstätte/Geschichtsmeile zum NS-Regime (Topographie des Terrors/Geschichtsmeile Wilhelmstraße). Von dort liefen wir zum Potsdamer Platz, weiter am Brandenburger Tor vorbei bis zum Reichstag. Hier versteckt sich im Übrigen einer unserer vielen zusätzlichen Kilometer. Die Regierung tagte gerade, weswegen der Reichstag (natürlich) großzügig abgesperrt war und wir von unserer direkten mal wieder Route abweichen mussten.
Gedenkstätte für Günter Litfin
Anschließend folgenden wir der Spree und dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal. Im Invalidenfriedhof entdeckten wir noch intakte Teile der Hinterlandmauer. In unmittelbarer Nähe, eingekeilt zwischen Wohnhäusern, steht auch ein erhaltener Wachturm (Kieler Eck), eine Führungsstelle der DDR-Grenztruppen. Er ist heute eine Gedenkstätte für den ersten Flüchtling, der an der Berliner Mauer erschossen wurde, Günter Litfin. Sein Bruder Jürgen setzte sich für diese Gedenkstätte ein. Seit 2017 ist sie Teil der Stiftung Berliner Mauer. Der Wachturm kann übrigens am Wochenende auch besichtigt werden.
Bernauer Straße
Vorbei am ehemaligen Grenzübergang Chausseestraße führte uns die Reise durch die Lisenstraße in die Gartenstraße bzw. in den Park am Nordbahnhof. Am Ende fanden wir uns auf der Bernauer Straße wieder und somit auch direkt vor der Gedenkstätte Berliner Mauer.
Falls ihr noch nie dort gewesen seid, möchte ich euch einen Besuch dort sehr ans Herz legen. Ja, das Thema ist keine leichte Kost und wie bereits am Anfang erwähnt, machen einen die Geschichten traurig und wütend. Meiner Meinung nach ist es aber wichtig, dass wir uns alle von Zeit zu Zeit vor Augen führen, was damals geschehen ist – um eben nicht zu vergessen. Und auf der Bernauer Straße erfährt man auch von geglückten Fluchten!
Geradeaus bis zur Wollankstraße
Einmal die Bernauer Straße heruntergelaufen, ging es für uns quer durch den Mauerpark und immer geradeaus (durch die Schwedter Straße und die Norwegerstraße) bis zum ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße. An diesem ebenfalls geschichtsträchtigen Ort haben wir uns aber nicht weiter aufgehalten, sondern lediglich fix die Bösebrücke unterquert. Wir wollten ja noch etwas schaffen. Dem vorhandenen Fußweg folgend, haben wir in einem großen Bogen die Brehmstraße erreicht. Durch die haben wir uns dann noch bis zur S-Bahnstation Wollankstraße gekämpft, unserer Endstation des dritten Tages. Nach einem kleinen Einkauf stiegen wir schließlich erschöpft in die S-Bahn. Unsere Ausbeute des Tages: 15,2 Kilometer – ohne Einkaufstour. Und damit sollte es auch unsere längste Etappe gewesen sein.
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